“Kaltfront” heißt also das neueste und insgesamt zehnte Werk der Band um Alexander Wesselsky. Ich glaube, vorstellen muss man eines der Aushängeschilder der NDH jetzt nicht, die CDs verkaufen sich wie geschnitten Brot, Tourtickets ebenso, und den einen oder anderen Headlinerspot bei diversen Festivals hat man auch schon ergattert. Eine Veränderung gibt es dennoch, Gründungsmitglied Noel Pix hat das Schiff verlassen.
Ich kann ehrlich gesagt eigentlich gar nichts mit Eisbrecher anfangen, was jetzt weniger an den Personen liegt, musikalisch lassen die mich einfach ziemlich kalt. Das Vorgängeralbum “Liebe Macht Monster” war für mich ein “Cringefest” sondergleichen, wie meine Kids in der Wohngruppe sagen würden, das Best- Of ließ mich völlig ratlos zurück, aber vielleicht werde ich ja jetzt überrascht.
Wir starten auch gleich rein nach einem kurzen Intro (Minus 90 Grad) mit der ersten Single “Everything is wunderbar”. Titel in bestem Denglisch, geil, hab ich Bock drauf. Ich erwarte eigentlich schon das Schlimmste, aber Moment mal, der Song geht in den ersten Sekunden richtig nach vorn. Und weil ich ein bisschen voreingenommen bin, versuche ich, bis zum Refrain ein Haar in der Suppe zu finden, aber Fehlanzeige. Spätestens beim Refrain hat mich der Track, “Everything ist wunderbar” ist eine unfassbar geile Nummer, die mich tatsächlich mitreißt.
Nach “Kaltfront”, einer ziemlich stringenten NDH- Nummer, die sehr wuchtig aus den Boxen knallt, folgt “Auf die Zunge” mit Schattenmann als Verstärkung. Wir gehen ein wenig in die SM- Gefilde, nicht meine Baustelle, aber der Song rumpelt trotzdem gefällig ins Ohr.
Die folgende Nummer “Waffen Waffen Waffen” zeigt die leider traurige Realität der letzten Jahre. “Frieden schaffen ohne Waffen” ist ein wenig veraltet, aber auch ziemlich naiv, wir leben in Zeiten der ewigen Eskalation und das wird hier auch schmerzhaft transportiert. Der Refrain ist dabei ziemlich stumpf, unterstreicht aber die Ernsthaftigkeit. Das höhlenmenschige Recht des Stärkeren, das gerade vom Orangenen aus Washington und seinem Buddy aus Moskau gezeigt wird, ist ja auch ziemlich stumpf.
“Dein Herz” gibt mir ziemliche Oomph- Vibes, was in diesem Fall aber ausschließlich als Kompliment gemeint ist. Für viele wird das wahrscheinlich eher ein beiläufiger Filler sein, ich find den Track bockstark.
Das folgende “Zeitgeist” ist an vielen Stellen, dank Joachim Witt, herrlich verrückt und macht echt Spaß. Bisschen Stadionatmosphäre, bisschen döpdöp, bisschen Witt- Gaga, wie einfach ich heute zu begeistern bin.
Den letzten Song vor meinem Fazit, den ich besprechen möchte ist eine Coverversion vom Michael Holm- Klassiker “Tränen lügen nicht”, der für mich exemplarisch für mein Erlebnis dieses Albums steht. Ich habe nichts erwartet und wurde überrascht. Wie gut der Song gesungen ist, wie zurückgenommen und sensibel mit dem Original umgegangen wurde. Das ist einfach gut.
Man muss auch einfach mal loben, wenn etwas gut ist. Und “Kaltfront” ist es tatsächlich. Ich bin hier wirklich überrascht worden. Eisbrecher haben mit ihrem zehnten Album, und dem ersten ohne Noel Pix, ein ziemliches Brett hingelegt. Eigentlich gibt es kaum Ausfälle auf der gesamten Spielzeit, so das wir hier ein in Teilen sozialkritisches, schnörkelloses Album haben, das aber auch den Spaß nicht aus den Augen verliert. Für mich das bisher stärkste Eisbrecher- Album
- Minus 90 Grad
- Everything is wunderbar
- Kaltfront
- Auf die Zunge (feat. Schattenmann)
- Waffen Waffen Waffen
- Dein Herz
- Zeitgeist (feat. Joachim Witt)
- Das neue Normal
- Die Hoffnung stirbt zuletzt (feat. Sotiria)
- Einzelgänger
- Toi Toi Toi
- Tränen lügen nicht
- Satt
- Festung der Einsamkeit
- Auf kalt
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